ESSAY

Was ich über Liebe gel­ernt habe

LOVE?

Was steckt eigentlich hin­ter dieser Idee von Liebe und Frieden? Warum gestal­tet es sich so her­aus­fordernd, einen Kon­sens über die Bedeu­tung von Liebe zu find­en? Kön­nen wir tat­säch­lich  dem hobbess­che Welt­bild zus­tim­men, das besagt, dass let­ztlich all unser Han­deln und Denken auf Eigen­in­ter­esse basiert?

Während und nach dem Pro­jekt habe ich mich inten­siv mit dem Begriff «Liebe» auseinan­derge­set­zt und bin dabei auf zahlre­iche Def­i­n­i­tio­nen gestoßen. Eine Def­i­n­i­tion hat sich für mich beson­ders deut­lich her­auskristallisiert: Liebe ist eng mit Gewalt­losigkeit ver­bun­den und entste­ht aus unserem freien Willen her­aus. Obwohl ich dieses Gefühl bere­its im Jahr 2003 erlebt habe, kon­nte ich es damals nicht präzise benennen.

Auf der Suche nach einer Definition

Eine philosophis­che Betra­ch­tung: Die Werke von Erich Fromm, ins­beson­dere «Die Kun­st des Liebens» und «Haben oder Sein», haben mich stark inspiri­ert. Fromm pos­tuliert fünf gle­ich­w­er­tige For­men der Liebe, nicht nur eine alleinige. In «Haben oder Sein» beschreibt er Liebe als einen Weg der Gewaltlosigkeit.

Eine alter­na­tive wis­senschaftliche Per­spek­tive betra­chtet die Liebe aus biol­o­gis­ch­er Sicht , indem sie sie der Evo­lu­tion unterord­net. Einige Stu­di­en argu­men­tieren, dass alles, was wir tun, let­z­tendlich der Fortpflanzung dient, und die Liebe ein Trick der Natur ist, um uns zur Fortpflanzung zu motivieren.

Jedoch gibt es auch Wis­senschaftler, die diese Ansicht nicht rein wis­senschaftlich betra­cht­en. Mar­tin Nowak, Pro­fes­sor für Evo­lu­tions­bi­olo­gie in Har­vard, betra­chtet Gott und die Naturge­set­ze als gle­ich­berechtigt. Für ihn erk­lärt die rein biol­o­gis­che Betra­ch­tung nicht voll­ständig unsere Moti­va­tion, bes­timmte Dinge zu erforschen und zu fokussieren.

Im Chris­ten­tum wird Liebe als zen­trale Tugend definiert. Gian­ni Vat­ti­mo, ein ital­ienis­ch­er Philosoph, schrieb ein Buch über die Zukun­ft des Chris­ten­tums. In «Die Zukun­ft der Reli­gio­nen» sieht er die Rolle des Chris­ten­tums darin, Gast­ge­ber für andere Reli­gio­nen zu sein und sie zu vere­inen. Somit wird Liebe auch als Weg zur Ver­söh­nung der Reli­gio­nen betrachtet.

Bei den Bud­dhis­ten ist Gewalt­losigkeit ein zen­trales The­ma. Der Glaube an die har­moniebedürftige Natur des Men­schen ist hier eine Grund­vo­raus­set­zung, dies kon­nte ich nach­le­sen im  Inter­view mit dem Dalai Lama im GEO gele­sen.

Gewalt­losigkeit ist ein zen­trales The­ma im Bud­dhis­mus. Der Glaube an die har­moniebedürftige Natur des Men­schen ist hier eine Grund­vo­raus­set­zung, wie ich im  Inter­view mit dem Dalai Lama im GEO lesen konnte.

Trotz dieser vielfälti­gen Per­spek­tiv­en gibt es auch eine rein emo­tionale und roman­tis­che Sichtweise auf die Liebe.

Gibt es in all diesen Def­i­n­i­tio­nen etwas Verbinden­des, etwas Universelles?

Das universale im individuellen

Der Philosoph Ernst Cas­sir­er erk­lärt, wie aus dem Indi­vidu­ellen etwas Uni­verselles entste­hen kann. Er betont, dass das Uni­verselle und das Indi­vidu­elle als gemein­sam betra­chtet wer­den müssen. Das Uni­verselle erwächst aus dem gemein­samen Indi­vidu­ellen und grün­det auf per­sön­lich­er Frei­heit, während es den­noch zu ein­er uni­versellen gemein­samen Form vere­int wird. Dies legt nahe, dass wir die Frei­heit haben, aus einem indi­vidu­ellen Wun­sch wie dem nach Frieden oder Liebe eine uni­verselle Def­i­n­i­tion zu entwick­eln. Somit stimmt Cas­sir­er mit dem Bud­dhis­mus übere­in: Der Men­sch soll diesen uni­versellen Wun­sch nach Frieden in sich ent­deck­en, ihn ans Licht brin­gen und in seinem Leben­skon­text verwirklichen.

Allerd­ings beste­ht auch die Gefahr, dass ein pos­i­tiv­er uni­verseller Wun­sch kippt und total­itär wird. Hier erwies sich C.G. Jung mit seinem Buch «Der Men­sch und seine Sym­bole» als hil­fre­ich­er Rat­ge­ber. Jung betont, wie wichtig Sym­bole für uns Men­schen sind, aber auch, wie sie immer wieder miss­braucht wer­den, um Men­schen zu manip­ulieren. Den­noch wird diese Manip­u­la­tion langfristig oft durchschaut.

Der Miss­brauch von Sym­bol­en bleibt daher stets eine Gefahr. Daher ist es von großer Bedeu­tung, dass wir Sym­bole wie Liebe immer wieder gemein­sam definieren.

Mit all diesen Erken­nt­nis­sen kann ich für mich sagen, dass ich eine Def­i­n­i­tion gefun­den habe. Für mich ist «Liebe» ein gewalt­los­er, kon­struk­tiv­er Weg. Daher bedi­ene ich mich gerne der Liebes­de­f­i­n­i­tion von Erich Fromm (siehe » ABOUT»).

LOVE = EIN GEWALTLOSER WEG DES HERZENS IM FREIEN WILLEN

In diesem Sinne: Let’s find and spread the LOVE!
Rudi-Renoir Appoldt